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Foto: Bilstein

Praxiswissen

Die häufigsten Fahrwerks-Irrtümer und Mythen

Muss man 2-Rohr-Dämpfer vor dem Einbau pumpen? Reißt der Luftfederbalg beim Anheben von Fahrzeugen, wenn gleichzeitig der Motor läuft? Wir klären die wichtigsten Technik-Mythen rund um das Thema Fahrwerk.

Dämpfer und Federn immer nur paarweise tauschen!

Deshalb gilt: Fällt eines der Bauteile aufgrund von Verschleiß, Defekt oder Unfall aus, sollte man das Gegenstück auf der anderen Achsseite immer mit austauschen. „Dies schreibt zwar kein Gesetz vor, gebietet jedoch der technische

Sachverstand“, erläutert Rainer Popiol, Leiter der Bilstein Academy. Die Hintergründe sind durchaus für den Laien nachvollziehbar: Denn wie auch Reifen verschleißen Stoßdämpfer mit jedem zurückgelegten Kilometer; äußerst langsam zwar, aber stetig. In der Folge nimmt die Dämpfkraft immer mehr ab. „Mag der ältere Dämpfer für sich genommen auch noch ganz gut beieinander sein – entscheidend ist, dass er nicht mehr dieselbe Dämpfkraft aufweist wie das Neuteil. Und deshalb kommt Unruhe ins Fahrverhalten“, erläutert Popiol. Besonders ausgeprägt sind die negativen Aspekte einer solchen, vom Altersunterschied geprägten „Ehe“ in extremen Fahrsituationen. Ist etwa ein schnelles Ausweichmanöver nötig, sind viele Fahrer überrascht, wie unberechenbar sich ihr Auto plötzlich verhält.

Muss man 2-Rohr-Dämpfer vor dem Einbau „pumpen“?

Teilweise wird die Information verbreitet, dass man 2-Rohr-Dämpfer vor dem Einbau unbedingt „pumpen“ müsse, um sie zu entlüften. Das ist ein Irrglaube! Fakt ist: 2-Rohr-Stoßdämpfer werden in senkrechter Position oder bis maximal 45° Schräglage eingebaut, aber beim Händler waagrecht gelagert. Für den Einbau hat diese „Lageveränderung“ jedoch keine Relevanz und das sogenannte „Pumpen“ ist unnötig. Falls im Innenrohr/Arbeitsrohr nach der Installation trotzdem nicht genügend Öl vorhanden sein sollte, ist dies völlig unproblematisch. Wenn der Stoßdämpfer später zu „arbeiten“ beginnt, saugt er das benötigte Öl nämlich selbst hinein. Dabei können bei den ersten Hüben Zisch-Geräusche auftreten, wenn sich Gas und Öl wieder entmischen. Technisch macht es keinen Unterschied ob der Dämpfer vorher „gepumpt“ wird oder nicht, um dem Fahrer auf der ersten Fahrt unangenehme Geräusche zu ersparen, kann der Dämpfer vor dem Einbau dreimal voll ein- und ausgezogen werden.

Was verbirgt sich hinter der Trägheit von 2-Rohr Dämpfer, die auch als „Morgenkrankheit“ bekannt ist?

Diesem Phänomen liegt die Tatsache zugrunde, dass sich das Stoßdämpferöl über Nacht abkühlt und dadurch sein Volumen verringert. Es zieht sich folglich zusammen, sodass am Ende zu wenig Öl im Innenrohr vorhanden sein kann. Durch die Bewegung der Kolbenstange / des Arbeitskolbens wird Nachschub jedoch schnell durch das Bodenventil angesaugt und das Defizit ausgeglichen. Erwärmt sich das Öl, nimmt das Volumen zudem rasch wieder zu. Entsprechend ist dieses Verhalten normal und kein Reklamations- oder Austauschgrund.

Platzen Luftfederbälge, wenn man das Fahrzeug bei laufendem Motor absenkt?

Auch diese populäre Annahme, dass die Luftbälge platzen könnten, wenn der Werkstattmodus nicht aktiviert wurde, ist falsch. Rainer Popiol beruhigt: „Viele Werkstätten oder Prüfer antizipieren hier ein Problem, das in dieser Form gar nicht existiert.“ Richtig ist, dass im geschilderten Fall eher Luft abgelassen wird und der Balg somit gerade nicht durch Überdruck belastet wird. Kurioserweise kommt es in der Realität daher zum gegenteiligen Problem: Es besteht die Gefahr, dass das Fahrzeug auf eine drucklose oder zumindest teilentleerte Luftfeder abgelassen wird. In diesem Fall kann das Bauteil tatsächlich irreparabel beschädigt werden. Der Profi-Tipp: Besitzt das Fahrzeug einen Wagenhebermodus, sollte man diesen auf der Hebebühne verwenden. Ist dieser nicht vorhanden oder wurde er beim Anheben vergessen, sollte die Luftfeder mit einem geeigneten Diagnosegerät vor dem Ablassen befüllt werden.

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Das Luftfedermodul bedarf etwas mehr Aufmerksamkeit als ein konventioneller Stoßdämpfer.

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