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Carat-Chef Christian Gabler 
Foto: amz – Ingo Jagels
Christian Gabler, Geschäftsführer der Carat Systementwicklungs- und Marketing GmbH & Co. KG

Teilegroßhandel

„Die Carat muss wachsen“

Knappe Verfügbarkeiten, steigende Preise, dazu ein Geschäftsführerwechsel und ein neuer Logistik-Standort – hinter der Carat-Gruppe liegt ein intensives Jahr. Im amz-Interview spricht Geschäftsführer Christian Gabler über die aktuellen Herausforderungen.

Herr Gabler, der langjährige Geschäftsführer Thomas Vollmar hat im Sommer die Carat verlassen. Wie gehen Sie an Ihre Aufgabe als neuer Chef heran?

Christian Gabler: Wir befinden uns in einer Zeit des Wandels. Viele „alte Haudegen“ aus der Branche sind aus dem Markt herausgegangen. Das ist einerseits schade, gibt aber die Chance für neue Gespräche oder neue Allianzen. Unser Ziel ist klar: Die Carat muss wachsen – und wird wachsen. Dies gilt gleichermaßen für den Pkw-Bereich und den Lkw-Bereich. Zudem wollen wir über die deutschen Grenzen hinaus wachsen und im nahen Ausland neue Gesellschafter hinzugewinnen.

Wo setzen Sie bei den Werkstätten an?

Christian Gabler: Es ist eine klare Anforderung an die Systemgeber, die Prozesse in der Werkstatt zu digitalisieren. Mit Drivemotive bieten wir eine passende Lösung, Autofahrer und Werkstatt zusammenzubringen. Außerdem haben wir in diesem Jahr das digitale Projekt Moon gestartet, um die Prozesse in der Werkstatt zu verbessern. Das ist sicherlich nicht alles von heute auf morgen gemacht. Zum einen geht es um die Technik, zum anderen muss man die Werkstatt dazu zu bringen, dort einzusteigen und mitzumachen. Bislang reicht die Digitalisierung meist nur von der Terminvereinbarung bis zur Werkstatttür.

Nutzen die Werkstätten die Möglichkeiten, die ihnen geboten werden?

Christian Gabler: Ja, absolut. Wenn die ersten Buchungen über Drivemotive stattgefunden haben, wächst das Interesse stark. Rund 900 bis 1.000 Werkstätten arbeiten aktuell aktiv damit und bekommen täglich Anfragen oder Buchungen. Aus 70 bis 80 Prozent der Anfragen erfolgt dann auch ein konkreter Auftrag. Damit sich die Dinge einspielen, fragen wir aktuell noch telefonisch nach, ob der Kunde auch tatsächlich kontaktiert worden ist. Wir wollen damit sicherstellen, dass es keine negativen Erlebnisse beim Kunden gibt.

Drivemotive ist auch für Werkstätten offen, die nicht zu Ihrem Netz gehören. Wie ist die Resonanz?

Christian Gabler: Wir haben praktisch alles mit dabei, also auch Werkstätten von Wettbewerbern und anderen Netzwerken. Dies unterstützt sicherlich unsere intensive Kommunikation, vor allem über unterschiedliche digitale Kanäle. Auch den Endverbraucher sprechen wir direkt an. Zusammen mit Autoscout24 haben wir gerade einen Amazon-Gutschein gemacht. Wichtig sind auch Partner wie die Online-Plattform deine-autoreparatur.de, auf der es eine Werkstattsuche gibt.

Ein schwieriges Thema ist aktuell die Verfügbarkeiten von Ersatzteilen. Wie ist die aktuelle Situation bei der Carat?

Christian Gabler: Wir spüren zwar, dass sich die Situation seit Beginn des Jahres bis heute leicht verbessert hat, aber die Lage ist noch immer angespannt. Wir haben aber durchaus Lösungen für die Probleme gefunden. Wir haben viel in den Lagerbestand investiert und damit die Reichweite erhöht. Während wir früher in der Regel den Bedarf für drei Monate bestellt haben, bestellen wir heute für ein halbes oder ein dreiviertel Jahr. Um Alternativen bei den Produkten bieten zu können, haben wir zudem weitere Marken ins Sortiment mit aufgenommen. Wichtig ist immer, dass die Werkstatt ihren konkreten Anwendungsfall lösen kann. Außerdem durchforsten wir alle Einkaufsquellen, die es irgendwo in Europa gibt. Das heißt aber auch, dass der Aufwand enorm gestiegen ist, eine Lieferfähigkeit herzustellen. Einmal von den Kosten, aber auch vom Zeitaufwand.

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Das ad Cargo-Lager in Castrop-Rauxel ist die entscheidende Geschäftsbasis für die Carat-Gruppe. In Nürnberg wird derzeit ein weiterer Logistik-Standord eingerichtet.  
Foto: amz – Ingo Jagels
Das ad Cargo-Lager in Castrop-Rauxel ist die entscheidende Geschäftsbasis für die Carat-Gruppe. In Nürnberg wird derzeit ein weiterer Logistik-Standort eingerichtet.  

Wie hoch ist Ihre Lieferquote?

Christian Gabler: Wir hatten in den letzten fünf Monaten zum Gesellschafter hin eine Lieferperfomance von 93 Prozent. Das ist ein sehr guter Wert. Die Industrie hat zu uns eine deutlich schlechtere Quote. Das heißt, wir müssen sehr viel kompensieren. Hier zahlt sich unser großes Lager aus, das uns in die Lage versetzt, so viele Lieferanten zusätzlich mit aufzunehmen.

In Nürnberg richten Sie aktuell einen neuen Logistik-Standort ein. Welche strategischen Überlegungen liegen dem zu Grunde? 

Christian Gabler: Das ist ein wichtiger Expansionsschritt für uns. Während wir in anderen Regionen Deutschlands über unsere Gesellschafter sehr gut vertreten sind, waren wir in Bayern bisher relativ schwach aufgestellt. Das ändert sich jetzt mit dem Lager in Nürnberg. Der Standort beim Dienstleiter Rhenus liegt verkehrsgünstig direkt am Hafen. Ein wichtiges Ziel ist es, unsere bestehenden Gesellschafter besser und schneller zu versorgen. Wir wollen aber durchaus auch neue Gesellschafter hinzugewinnen und neue Allianzen bilden. Denn die Konzentration am Markt wird zukünftig nicht mehr in erster Linie im Kauf von neuen Unternehmen stattfinden. Aber unter den Kooperationen könnte deutlich mehr zusammengearbeitet werden. Ich stehe dafür, dass wir Allianzen bilden, um den Mittelstand weiter zu stärken. Und dafür ist Logistik einer der entscheidenden Faktoren. Anfang 2023 wird das Lager in Nürnberg seinen Betrieb aufnehmen.

Ein weiteres schwieriges Thema sind steigende Preise. Welche Auswirkungen sehen Sie für die Branche?

Christian Gabler: Sorgen machen mir vor allem die Energiekosten. Eine Werkstatt zu beheizen ist nun einmal deutlich aufwendiger als ein Wohnzimmer. Und sicherlich wird man die steigenden Kosten nicht vollständig an die Kunden weitergeben können – auch wenn viele Werkstätten ihre Stundensätze bereits angezogen haben. Ein weiteres Thema sind steigende Gehälter, denn in Zeiten des Fachkräftemangels ist der Arbeitnehmer eher in der Lage, Forderungen zu stellen. Immerhin ist die Auftragslage der Werkstätten in Summe noch sehr gut.

Wie beurteilen Sie die allgemeine Wettbewerbssituation auf dem Markt?

Christian Gabler: Natürlich haben die großen Player einiges an Marktanteilen gewonnen. Wir versuchen hingegen, den Mittelstand zu stärken. Wir versuchen jeden Tag, alle Gesellschafter so zu versorgen, dass sie marktfähige Konditionen anbieten können. Ein großer Vorteil unserer zumeist inhabergeführten Gesellschafter ist, dass sie regional sehr gut aufgestellt sind und einen engen Kontakt zum Kunden haben. Wir sind eben kein Großkonzern, bei dem alles anonymer wird. Es geht letztlich immer darum, wie der Kunde bedient wird, wie serviceorientiert und kulant man ist. Die Bremsscheibe kann jeder liefern, aber wenn es um Reklamationen und Service geht, werden die Unterschiede deutlich.

Aktuell sind Sie der alleinige Carat-Geschäftsführer. Wie läuft die Suche nach einem neuen zweiten Geschäftsführer?

Christian Gabler: Vom Grundsatz her ist es gut, in einer Kooperation zwei Geschäftsführer mit klaren Zuständigkeiten zu haben. Es muss aber der Richtige sein. Vor allem nachdem wir jetzt einmal festgestellt haben, dass es nicht in jedem Fall passt. Aber wir haben keine Eile, das Unternehmen läuft stabil. Wir haben viele erfahrene Kräfte, ich selbst bin auch schon seit 12 Jahren mit dabei.

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