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Foto: CMT
CMT 2020

Markt

Der Run auf Reisemobile und Wohnwagen hält an

Die Caravaning-Branche schwebt weiter auf Wolke sieben: 2019 war das dritte Rekordjahr in Folge. Kompakte Kastenwagen und Vans sind die Treiber des anhaltenden Booms.

So beeindruckend die Zahlen der Jahresbilanz 2019 auch sein mögen, die Daniel Onggowinarso, der Geschäftsführer des Caravaning Industrie Verbandes (CIVD) auf der Stuttgarter Freizeitmesse CMT verkündete, wirklich überraschen können sie nicht. Seit Jahren schon schwebt die Branche auf Wolke sieben und steuert einen Erfolgskurs, der Jahr für Jahr von Rekorden gepflastert ist. Und natürlich gab es auch 2019 wieder diese Bestmarken: Fast 81.000 Neuzulassungen bei den Freizeitfahrzeugen, sprich: Reisemobile und Wohnwagen zusammengenommen, bedeuten das dritte Rekordjahr in Folge, nachdem 2017 erstmals das Allzeithoch aus 1991 (54.981 Einheiten) geknackt worden war. 13,7 Prozent betrug der Zuwachs im vergangenen Jahr.

Getoppt wird das alles noch, wenn man die Entwicklung der Reisemobile alleine betrachtet. Seit Ende der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 zeigt die Zulassungskurve nur noch nach oben. Seit 2014 haben die motorisierten Eigenheime ihren Absatz in Deutschland mehr als verdoppelt, mit der 50.000er-Marke 2019 eine weitere Schallmauer durchbrochen und stellen mit 53.922 neu angemeldeten Exemplaren (15,1 Zuwachs Prozent) auch den Löwenanteil an der Caravaning-Rekordbilanz.

Dabei haben auch die Wohnwagen-Hersteller allen Grund zur Freude. Schließlich wurde hier ebenfalls ein zweistelliges Plus von 10,7 Prozent vermerkt. Bereits im sechsten Jahr hintereinander haben die Caravan-Anhänger zugelegt und notieren 2019 mit 26.941 Zulassungen das beste Ergebnis seit 1996. Von einem Allzeithoch sind die Wohnwagen allerdings weit entfernt, denn die Bestmarke von rund 45.000 Einheiten rührt nach aus dem Jahre 1973 her, als es von ersten Campingbussen abgesehen überhaupt noch keine Reisemobile gab.

Mit diesen Ergebnissen war Deutschland im vergangenen Jahr auch der Wachstumsmotor in Europa. Die Caravaning-Industrie kann mit europaweit 210.000 neu zugelassenen Freizeitfahrzeugen und 4,1 Prozent Zuwachs auf das zweiterfolgreichste Jahr ihrer Geschichte zurückblicken. Und da Reisemobile und Caravans „Made in Germany“ nach wie vor hoch im Kurs stehen, stieg die Produktion deutscher Hersteller auf das Rekordhoch von 125.000 Fahrzeugen.

Diese Entwicklung wird anhalten. Davon ist der CIVD überzeugt. „Caravaning trifft den Nerv der Zeit“, meint Daniel Onggowinarso. Jederzeit spontan verreisen, dort Halt machen, wo es am schönsten ist, bei schlechtem Wetter einfach weiterfahren – Caravaning stehe wie keine andere Urlaubsform für Reisen im eigenen Rhythmus. Egal ob sportliche Aktivitäten wie Wandern, Radfahren oder Wassersport auf dem Urlaubsprogramm stehen oder Kultur und Sightseeing. Dass in den aktuellen Umweltdiskussionen immer häufiger von „Flugscham“ gesprochen wird und Kreuzfahrten verstärkt in die Kritik geraten, spielt ebenfalls der Caravaning-Branche in die Karten. Der große Andrang bei der CMT, die am ersten Wochenende mit 90.000 Besuchern ebenfalls einen Rekordauftakt verbucht, scheint ein Beleg dafür zu sein.

Onggowinarso: „Längst sind es vor allem jüngere Zielgruppen, die sich für Caravaning begeistern.“ Eine GfK-Marktforschungsstudie bescheinigte sogar den Millennials, also Personen zwischen Mitte 20 und Mitte 30, die größte Affinität zu diesem Thema. Ein Blick in die sozialen Medien, wo die Jungen unter dem Hashtag #vanlife ihre Erlebnisse teilen, zeige, wie cool Urlaub mit Kastenwagen und Caravan inzwischen wahrgenommen wird, sagt der CIVD-Chef. „Caravaning hat einen positiven Imagewandel vollzogen.“

Der sich weiter verstärkende Trend zu kompakten Fahrzeugen ist ebenfalls ein Indiz dafür. Die CMT reagiert, indem sie die eine Halle ausschließlich dem „Vanlife“ und seinen Protagonisten widmet. Da reicht das Spektrum zwar vom selbst ausgebauten Campingbus bis zu edlen Mercedes-Sprinter-Modellen, die, vielleicht auch noch mit Allradantrieb, locker die 100.000-Euro-Marke knacken. Dass die Kastenwagen mittlerweile fast die Hälfte der gesamten Reisemobil-Produktion ausmachen und sie damit die mittelgroßen teilintegrierten Modelle als Nummer eins der Fahrzeug-Kategorien längst abgelöst haben, dürfte eher den Fiat-Ducato- und vermehrten Citroen-Jumper-Ausbauten zu verdanken sein. Denn hier versuchen alle gestandenen Hersteller vom Marktführer Pössl über die Erwin-Hymer-Gruppe, den Trigano-Konzern, Knaus-Tabbert oder Hobby bis hin zu kleineren Nischenanbietern sich mit günstigen Angeboten zu übertreffen. Nicht ohne Wirkung: So ist der Durchschnittspreis für ein neues Reisemobil 2019 von 73.431 Euro auf 71.962 Euro erstmals seit langer Zeit wieder gesunken.

Die Zulassungszahlen werden, da sind sich alle in der Branche einig, aber auch 2020 weiter in die Höhe klettern. Zwischen fünf und sieben Prozent liegen die Prognosen bei den deutschen Herstellern. Offiziell lehnt sich jedenfalls keiner weiter aus dem Fenster. In den vergangenen Jahren war das stets genauso – und am Ende wurde es zumindest bei den Reisemobilen dann doch immer wieder zweistellig. Nichts deutet darauf hin, dass es diesmal anders werden sollte.

Michael Lennartz/SP-X

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