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Auf den ersten Blick wirkt ein Bremsbelag wie ein relativ „einfaches“ Teil – doch der Teufel steckt im Detail. 
Foto: TMD Friciton
Auf den ersten Blick wirkt ein Bremsbelag wie ein relativ „einfaches“ Teil – doch der Teufel steckt im Detail. 

Bremsentechnik

Der Reibbelag – die Mischung macht‘s

Quietschende Bremsen sind Ärgernis für Werkstatt und Kunden. Die wirksame Bekämpfung der Störgeräusche fängt jedoch schon bei der Auswahl des Reibbelages an.

Sie sind schwarz, schwer und unscheinbar. Bremsbeläge gehören zu den Ersatzteilen, denen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auch qualitative Unterschiede lassen sich durch die Werkstatt kaum bewerten, solange die Beläge in die Bremszange passen.  

In den vergangenen Jahren wurden durch den Diesel-Boom und die steigende Motorleistung auch die Anforderungen an die Bremsen immer größer. Mit größeren Scheiben und neuen Belagmischungen versuchen Fahrzeughersteller zusammen mit den Bremsbelag- und Bremssystemherstellern, den hohen Anforderungen gerecht zu werden. Was die Schwierigkeiten bei der Reibbelagauswahl sind und wie sich verschiedene Mischungen auf die Bremsperformance auswirken, erklären wir gemeinsam mit den Experten von TMD Friction.

Geräuschentstehung

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Ein Bremsbelag ist hohe Ingenieurskunst – alle Komponenten müssen exakt aufeinander abgestimmt sein, um Geräuschentstehung zu vermeiden.
Foto: TMD Friction
Ein Bremsbelag ist hohe Ingenieurskunst – alle Komponenten müssen exakt aufeinander abgestimmt sein, um Geräuschentstehung zu vermeiden.

Beim Bremsen entstehen aufgrund der trockenen Reibung zwischen Scheibe und Belag zwangsläufig Vibrationen (Schwingungen), die je nach Frequenz mit den unterschiedlichsten Ausdrücken beschrieben werden. Im niederfrequenten Bereich spricht man gerne von Knarzen, Brummen oder Rubbeln und im mittel- und hochfrequenten Bereich von Quietschen oder „Wirebrush“. Um derartige Störgeräusche möglichst gut abzustellen, werden bereits bei der Entwicklung neuer Bremsbelag-Materialien deren Eigenschwingungsverhalten und Dämpfungseigenschaften eingehend geprüft. Ein nicht speziell auf das Fahrzeug abgestimmter Bremsbelag wird hier also eher zur Geräuschentwicklung neigen als ein Belag, der nur Standardmischungen nutzt, da dies eine besonders anspruchsvolle Disziplin in der Auswahl des Reibbelags darstellt.

Die Optimierung in Bezug auf die Geräuschentwicklung wird bei E-Fahrzeugen noch wichtiger, da durch den leisen Motor Bremsgeräusche noch mehr in den Vordergrund treten. Gleichzeitig wird durch die Generatorbremse die Reibbremse weniger genutzt, was zu Verglasungen und Korrosionsproblemen führen kann. Dazu sind ebenfalls neue Rezepturen nötig. Auch der Entfall von bestimmten Materialien macht neue Mischungen notwendig. Neben Asbest, das bis in die 1980er Jahre verwendet wurde, trifft dies auch auf Kupfer zu, da es hier gesundheitliche Bedenken gibt. Um das Buntmetall zu ersetzen, sind komplett neue Rezepturen notwendig, da die Wechselwirkung der Inhaltsstoffe berücksichtigt werden muss. Kupfer war schwer zu ersetzen, da das Buntmetall gute Schmiereigenschaften aufweist. Dies ist ironischerweise auch bei der Bremse wichtig, um etwa Geräusche und Rupfen zu unterbinden sowie die Scheibe von Belagsrückständen zu reinigen.

Große Unterschiede zwischen OE- und Aftermarketherstellern

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Mit seiner Marke Textar bietet TMD Friction Bremsbeläge mit OE-Mischungen hierzulande im Aftermarket an.
Foto: TMD Friction
Mit seiner Marke Textar bietet TMD Friction Bremsbeläge mit OE-Mischungen hierzulande im Aftermarket an.

Betrachtet man den Aftermarket für Bremsbeläge, so lässt sich dieser grob in drei Gruppen einteilen:

OE-Hersteller Hersteller, die eigene Mischungen entwickeln und mit den Fahrzeugherstellern erproben – sogenannte OE- oder Tier1-Zulieferer, wie z.B. TMD Friction mit seiner Marke Textar. Hier finden Forschung und Entwicklung statt, Beläge dieser Unternehmen tragen die gleichen Mischungen wie in der Serienausrüstung. Aftermarkethersteller Die Hersteller dieser Gruppe haben sich vor allem auf den lukrativen Aftermarket spezialisiert. Diese Hersteller setzen auf Konsolidierungseffekte: Statt fahrzeugspezifische Belagmischungen zu verwenden, greift man auf ein Repertoire an gängigen Mischungen zurück, die im Regelfall die Anforderungen der Kunden gut erfüllen und kombiniert diese mit den passenden Trägerplatten für das jeweilige Fahrzeug. Die Fertigung findet in eigenen Werken oder im spezifischen Auftrag dieser statt.

White-Label-Anbieter Die letzte Gruppe, die insbesondere im umkämpften Aftermarket vertreten ist, umfasst die Gruppe der White-Label-Anbieter. Diese Unternehmen verfügen über keine eigene Kompetenz und Möglichkeiten, um selbst Beläge fertigen oder auslegen zu können. Stattdessen greift man auf existierende Angebote der OE- oder Aftermarkethersteller zurück, die unter dem eigenen Namen anschließend in den Handel gebracht werden. Typische White-Label Produkte sind die Hausmarken im Handel, die es nur über diesen Anbieter zu kaufen gibt.

Zange und Belag sind zwei Paar Schuhe

Nimmt man das Rad von der Nabe runter, wird der dahinterliegende Bremssattel sichtbar. Meist ist in diesen unübersehbar das Logo oder der Schriftzug des jeweiligen Systemherstellers eingegossen. Wer nun aber denkt, dass der Hersteller des Sattels gleichzeitig auch der OE-Lieferant des Bremsbelags ist, liegt falsch! Viele namhafte Anbieter von Bremszangen führen auch Beläge in ihrem Ersatzteil-Lieferprogramm, sind jedoch ausschließlich der Gruppe der Aftermarkethersteller zuzuordnen – sie liefern also keine Bremsbeläge in die Serienproduktion.

Die Differenzierung im Seriengeschäft geht so weit, dass äußerlich identische Beläge, die auch den gleichen Bremssattel benutzen, schon aus anderen Reibmaterialmischungen bestehen, wenn das eine Fahrzeug Hinterradantrieb hat und das andere Frontantrieb.

ECE-R90 – trügerische Sicherheit

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Auf jedem Bremsbelag muss in der EU die ECE-90R Norm ausgewiesen sein – sie sagt jedoch nur wenig über die Performance des Belags aus.
Foto: TMD Friction
Auf jedem Bremsbelag muss in der EU die ECE-90R Norm ausgewiesen sein – sie sagt jedoch nur wenig über die Performance des Belags aus.

Mit der europäischen ECE-R90-Norm wird oft die Qualität von Bremsbelägen und Komponenten beworben – dabei stellt diese kein Qualitätsmerkmal, sondern vielmehr einen Mindeststandard dar. So dürfen Beläge, deren Bremsleistung bis zu 15 Prozent unter denen des Originals liegt, dennoch als passendes Ersatzteil verkauft werden. Der ADAC gibt als durchschnittlichen Bremsweg für eine Vollbremsung aus 100 km/h mit modernen Fahrzeugen gut 36 Meter Bremsweg an. Eine Verlängerung des Bremswegs um 15 Prozent führt in diesem Fall zu einer Verlängerung um 5,4 Metern und damit um eine Wagenlänge – oft der Unterschied zwischen Schock und Totalschaden. Auch in anderen Disziplinen reicht die Norm nicht an die Lastenhefte der Fahrzeughersteller heran: Pedalgefühl und Geräuschtests finden in der R90-Norm ebenso wenig Beachtung wie die Standfestigkeit der Komponenten oder Bremsungen mit Höchstgeschwindigkeit. Natürlich sind nicht alle Beläge schlecht und viele Aftermarkethersteller übererfüllen die Werte und Anforderungen der R90-Norm deutlich, sodass vielen Fahrern und Werkstätten die Unterschiede zwischen OE und Aftermarketbelägen gar nicht bewusst ist. Dennoch sind Unterschiede da – besonders dann, wenn der Kostendruck bei einem Belag besonders hoch ist.

Fazit

Insgesamt betrachtet muss bei einem Bremsbelag daher immer der Kompromiss zwischen Sicherheit, Komfort und Wirtschaftlichkeit gefunden werden. Die richtige Zuordnung der unterschiedlichen Bremsbelagmaterialien ist hierbei genauso wichtig wie die Einschätzung des Gesamtzustands der gesamten Radbremse und der übrigen Achs- und Radaufhängungsteile.

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