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Foto: amz – Klaus Kuss
Montage und Demontage von Nutzfahrzeugreifen erfordern außer physischem Einsatz viel Knowhow und große Sorgfalt – andernfalls drohen Fehler mit fatalen Folgen.

Nfz-Reifen

Damit’s beim Reifenwechsel rund läuft

Nutzfahrzeugreifen aufziehen kann jeder Mechaniker. Sollte man meinen. Doch viele Reifendefekte, die während der Fahrt auftreten, sind nicht die Folge von falschem Luftdruck oder eines Materialfehlers, sondern das Ergebnis einer unsachgemäßen Montage.

„Das haben wir immer schon so gemacht“ – eine Einstellung, die speziell bei der Reifenmontage fatale Folgen haben kann. Denn bei der Nutzfahrzeug-Reifentechnik hat sich in den vergangenen Jahren einiges getan, etwa in Form von Single- und Niederquerschnittsreifen oder Reifendruck-Kontrollsystemen (RDKS, TMPS). Zudem gibt es Rad-Reifen-Kombinationen, die sich beim Reifenwechsel immer wieder als ‚heikel‘ erweisen. Hier wie dort stoßen die ‚altbewährten‘ Montagemethoden an ihre Grenzen.

Fehler vermeiden, sicher montieren

Das Handling moderner Nutzfahrzeugreifen erfordert spezielles Wissen und größte Sorgfalt, um Montageschäden zu vermeiden, die später die Fahrsicherheit gefährden. Vor allem während der Fahrt können sich montagebedingte Reifendefekte fatal auswirken. Fehlendes Knowhow ist aber auch für den Monteur gefährlich, etwa wenn der Reifen bei einem unkontrollierten Setzvorgang platzt. Und schließlich zerstört planloses Arbeiten RDKS-Sensoren.

Um das Bewusstsein von Werkstatt- und Reifendienstfachleuten in punkto Reifenmontage zu schärfen, haben die Experten des Wirtschaftsverbands der deutschen Kautschukindustrie e. V. (WDK) und des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) zusammen mit Praktikern vor einiger Zeit eine Montage- und Demontageanleitung speziell für Nutzfahrzeugreifen erarbeitet und diese mittlerweile um zwei Schulungsvideos ergänzt. Die auf den Youtube-Kanälen von BRV und WDK frei zugänglichen Filme zeigen die korrekten Demontage- und Montageschritte in „Best Practice-Manier“. Die Anleitungen beschreiben die Methode mit dem geringsten Kraftaufwand – was aber nicht bedeutet, dass es die maschinen- oder reifenabhängig einfachste Vorgehensweise wäre. „Wer aber nach dieser Anleitung handelt, wird jeden gängigen Nfz-Reifen schadensfrei montieren können“, versprechen die Experten. Dennoch entbinde die Anleitung nicht von eigenverantwortlichem Handeln. Insbesondere im Hinblick auf die anstehende Winterreifen-Wechselsaison kann es also nicht schaden, sich wieder einmal mit diesem wichtigen Thema zu beschäftigen.

Da es in der Praxis meist beim Aufziehen der Reifen zu folgeschweren Bearbeitungsfehlern kommt, beschränken wir uns in diesem Artikel darauf. Wir setzen also voraus, dass der Monteur vor dem Abziehen des Reifens geprüft hat, ob in dessen Inneren ein RDKS-Sensor sitzt, und sich nach der Demontage überzeugt hat, dass Ventilloch, Bolzenlöcher, Felgenhorn und Anlageflächen in Ordnung sind und die Felgen weder Risse noch übermäßige Korrosion aufweisen.

Erst vorbereiten…

Wie jede Werkstattarbeit verlangt auch die Reifenmontage eine gewisse Vorbereitung. Besonderes Augenmerk verdienen dabei die Montiermaschine und das Montagezubehör: Weder Montagekopf, Montagefinger oder Montiereisen dürfen Beschädigungen oder Grate aufweisen. Zudem sollten die zum Felgenmaterial – Alu- oder Stahlrad – passende Wulstklemmen, Spann- und Schutzbacken bereitliegen. Bei Leichtmetallfelgen muss der Montierende zudem den Hornverschleiß mit einer entsprechenden Prüflehre kontrollieren. Außerdem sollte der Monteur die übliche Schutzausrüstung (Sicherheitsschuhe und -brille, Handschuhe) tragen.

Zur Montage ist nutzfahrzeugtaugliche Montagepaste oder Gleitgel (kein Demontagefluid!) notwendig, um die Prozedur für den Reifen möglichst „stressfrei“ zu gestalten. Expertenangaben zufolge kann das Gleitmittel die bei schwierigen Montagen in der Reifenflanke auftretenden Spannungen um bis zu 30 Prozent reduzieren. Dies gilt vor allem für Niederquerschnittsreifen. Wer am Gleitmittel spart, riskiert, dass die Wulstklemme ein Loch in den Gummi des Wulstkerns drückt. Dringt dort dann beim Setzvorgang, beim Befüllen oder später im Fahrbetrieb Luft ein, platzt der Reifen. Eine derartige „Misshandlung“ lässt sich Experten zufolge in der Regel auch am zerstörten Reifen noch nachweisen – wie übrigens viele andere „Montagesünden“ auch.

... dann montieren.

Zum Montieren spannt man die Felge fest auf die Montiermaschine, wobei sich deren kurze Schulter auf der maschinenabgewandten äußeren Seite befindet. Für Alufelgen gibt es Schutzbacken, um die empfindliche Zentrierbohrung zu schützen. Gibt es einen RDKS-Sensor, ist dieser nach Herstellervorschrift zu montieren. Dabei ist unbedingt auf das vorgeschriebene Drehmoment zu achten. Anschließend trägt man reichlich Gleitmittel auf. Bei der Felge von Horn zu Horn, wobei Ventil und Sensor selbstverständlich ausgespart werden, und beim Reifen beidseits in der Wulstzone bis auf Höhe der Zentrierlinie. Im nächsten Schritt legt man den Traktionspunkt durch die ebenfalls geschmierte Wulstklemme fest und beginnt aus der Startposition heraus – Klemme auf „12 Uhr“, Ventil auf „3 Uhr“ – mit dem „Fischen“ des Pneus. Dazu wird die Klemme auf „3 Uhr“ und das Ventil auf „6 Uhr“ gedreht und der Reifen über die Klemme gehoben. Anschließend fährt man die Maschinenachse hoch und dreht gleichzeitig das Rad gegen den Uhrzeigersinn (UZS), bis die Klemme zirka auf „12 Uhr“ steht. Dabei drückt man den Reifenwulst gegenüber dem Ventil ins Tiefbett und achtet darauf, dass der Wulst den RDKS-Sensor nicht berührt.

Danach führt man den beidseitig mit Gleitmittel bestrichenen Montagefinger unterhalb der Felge hindurch und positioniert ihn auf Höhe des äußeren Felgenhorns zwischen Wulst und Horn. Achtung: Der Finger darf weder das Horn berühren noch zu große Spannungen in der Reifenflanke verursachen. Im UZS hebt man nun den ersten Wulst schrittweise über das Felgenhorn, wobei dieser auf der dem Montagekopf gegenüberliegenden Felgenseite im Tiefbett bleibt. Das Rad dreht so lange, bis der obere Wulst komplett ins Tiefbett gleitet. Werden die Spannungen zu groß, muss man den Montagefinger nachjustieren und den Montagekopf entspannen, indem man den Finger etwas vor- und zurückfährt.

Für den zweiten Wulst positioniert man das Ventil in der Nähe des Montagefingers auf „8 Uhr“, zieht diesen dann aus dem Wulstbereich zurück und entfernt die Wulstklemme von der Außenseite. Nun führt man den Finger von der Innenseite aus zum äußeren Felgenhorn und bringt die Klemme auf der Felgeninnenseite (in Drehrichtung gesehen) kurz hinter dem auf „8 Uhr“ stehenden Ventil so an, dass der erste (äußere) Wulst das Ventil während des Montagevorgangs nicht berührt. Im UZS drehend gleitet der innere Wulst über das Felgenhorn ins Tiefbett, was bei Reifen mit geringer Querschnittshöhe unbedingt erforderlich ist. Zusätzlich hebt man den Wulst mit dem Montagefinger leicht vom Felgenhorn ab, um die Wulstzehe zu entlasten und zu vermeiden, dass sie einreißt. Der Winkel zwischen Finger und Klemme sollte dabei weniger als 90 Grad betragen. „Bei zu hohen Spannungen bricht man den Montagevorgang ab und beginnt erneut, wobei man zusätzlich schmiert und ggf. weitere Hilfsmittel einsetzt“, erklären die Nfz-Reifenexperten in ihrer Montage- und Demontageanleitung.

Das Aufziehen des letzten Drittels erfolgt schrittweise und mit kurzen Pausen, um die Spannungen abzubauen. Außerdem sollte man unbedingt vermeiden, dass der Wulst knickt oder sich einrollt. Ist der Reifen komplett auf der Felge, entfernt man alle Montagehilfsmittel und zieht den Montagefinger vorsichtig, ggf. mit Hilfe eines Montagehebels, zurück.

Reifen sicher füllen

Ein korrekter Füllvorgang besteht prinzipiell aus zwei Abschnitten: Dem Vorfüllen an der Montagemaschine auf maximal 4 bar und dem Befüllen bis zum endgültigen Betriebsdruck in einer geeigneten Befülleinrichtung (Füllkäfig) unter Beachtung der entsprechenden Sicherheitsvorschriften. Beim Vorfüllen achtet man darauf, dass die Wulstzentrierlinie rundum parallel zur Felge verläuft. Anschließend transportiert man das Rad in die Füllvorrichtung und füllt bis zum vorgeschriebenen Betriebsdruck, wobei der maximale Fülldruck bei Lkw-Reifen 10 bar, bei LLkw-Reifen 6 bar nicht überschreiten darf. Es gilt generell ein Sicherheitsabstand von 2,5 Metern. Zum Schluss schraubt man noch der Ventileinsatz ein.

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