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Um Geräusche und Vibrationen, gibt es beim Bremsenservice einiges zu beachten.
Foto: LIGHTFIELD STUDIOS stock.adobe.com
Um Geräusche und Vibrationen, gibt es beim Bremsenservice einiges zu beachten.

Bremsanlage

Bremsenservice: Darauf ist zu achten

Quietschende Bremsen sind ein Ärgernis für Kunden und Werkstätten. Welche technischen Maßnahmen die Hersteller ergreifen, um den Belag zu beruhigen, lesen sie hier.

Schon im ersten Teil unserer Serie zur Vermeidung von Bremsenquietschen wurde deutlich, dass nur eine abgestimmte Reibbelagmischung effektiv Geräusche unterdrücken kann. Alle weiteren Maßnahmen, die im Folgenden beschrieben werden, laufen bei den Herstellern unter Sekundärmaßnahmen. Natürlich sind deren Auswirkungen nicht zu unterschätzen, aber ein suboptimaler Reibbelag wird auch mit den besten Sekundärmaßnahmen nicht ruhig zu stellen sein.

Häufig begangene Fehler beim Belagwechsel 

  • Der Belag wird händisch mit einer Schräge versehen
  • Ein rückseitig vorhandene Abziehfolie wird nicht entfernt
  • Dämpfungsbleche (Shims) werden mit Schmierstoffen an den Sattel „geklebt“
  • Die Laufrichtung der Beläge oder der Dämpfungsbleche wird nicht beachtet
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Der Belag sieht auf den ersten Blick einfach aus, ist aber Ergebnis von viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
Foto: TMD Friction / Textar
Der Belag sieht auf den ersten Blick einfach aus, ist aber Ergebnis von viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit.

Die Maßnahmen und ihre Wirkung im Detail

Anschrägungen

Beginnen wir von außen nach innen. Die erste Maßnahme, die jeder Mechaniker sofort wahrnimmt, sind seitliche Anschrägungen des Reibmaterials, im englischen auch „Chamfer“ genannt. Diese Schrägen sorgen für ein definiertes Anlegeverhalten an die Scheibe und sorgen für besseres Einlaufen neuer Beläge auf bereits gebrauchten Scheiben. Durch die verkleinerte Oberfläche wird zudem der Druck auf das Material erhöht, was das Einlaufen des Belags unterstützt. Die Form und Ausprägung der Schrägen sind Resultat vieler Tests und Erfahrungswerte mit bestimmten Bremssattel-/Belagkombinationen. Zudem dienen Tangential- und Radialschrägen oft der Vermeidung von tieffrequenten Quietschgeräuschen im Bereich von 1 – 4 kHz. Auch höhere Frequenzen (bis 15 kHz) können so gedämpft werden, insbesondere bei Fahrzeugen mit Automatik-Getrieben, wenn nur leicht gebremst wird.

Das kann falsch gemacht werden: Plane Beläge werden bei Auftreten von Geräuschen oft von Werkstätten angeschliffen. Hiervon ist dringend abzuraten, da die Ursache für das Bremsgeräusch wohl woanders liegt (z.B. Nabe verschmutzt, ausgeschlagene Fahrwerksteile, Bremskolben verrostet etc.). „Außerdem erlischt mit dem „Griff zur Flex“ die Betriebsgenehmigung, dieser ist rechtlich also höchst bedenklich“. Dieser Hinweis ist Herrn Aleksander Boenig, Technical Support von TMD Friction, besonders wichtig. „Denn im Werkstattalltag sehe ich das leider immer wieder.“ Stattdessen sollte die Werkstatt in dem Falle, dass der Aftermarketbelag nicht über eine Schräge verfügt, das Originalteil jedoch schon, einen Wechsel des Zulieferers in Betracht ziehen. Beläge von Fahrzeugherstellern und OE-Zulieferern wie TMD Friction mit seiner Marke Textar verfügen im Aftermarket über exakt die gleichen Merkmale wie die Serienteile.

Nuten im Belag

Manch ein Bremsbelag kommt mit Nuten daher, deren Wirkung oft ungeklärt bleibt. Dabei werden sowohl gerade Nuten als auch V-förmige Nuten eingesetzt, bei großen Belägen auch mehrere Nuten in einem Belag. Diese gezielten Unterbrechungen verhindern Spannungsrisse im Material, die sonst bei der großen Hitzeentwicklung einer Vollbremsung auftreten könnte. Daher sind die Nuten auch zumeist auf größeren Belägen zu finden und ihre Zahl nimmt mit der Größe des Reibbelags weiter zu. Auch das Heiß-Rubbel-Verhalten wird von den Nuten positiv beeinflusst, da sich unter vollem Bremsdruck die Flächenschwerpunkte in den so unterteilten Feldern besser verlagern aus bei einem durchgängigen Belag.

Laufrichtungsgebundene Beläge

Die Laufrichtungsbindung verhindert ungewollte Vibrationen der Beläge. Die gewünschte Verschiebung wird aber nur dann erreicht, wenn die Bremskolben auch sauber sind – Verschmutzungen können dem Belag einen anderen Druckpunkt geben.

Das kann falsch gemacht werden:

Wird beim Einbau nicht auf die Laufrichtung geachtet und die Beläge mit Gewalt in den Sattel gedrückt, ist der vom Hersteller gewünschte Effekt nicht mehr gegeben.

Dämpfungsblech/Dämpfungsfolie

Die Dämpfungsfolie ist meist auf der Rückseite selbstklebend ausgeführt und sorgt für eine feste Verbindung zum Bremssattel. Diese feste Verbindung verhindert nicht nur Klapperbewegungen des Belages im Sattel, sondern stellt auch sicher, dass der Belag sich im ungebremsten Betrieb vollständig von der Bremsscheibe löst. In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass Werkstätten die Abziehfolie auf der Belagrückseite nicht entfernen – dann bleibt die Dämpfungsfolie natürlich ohne Wirkung. Ein anderer Weg als die Bildung einer Masseneinheit, ist die Entkoppelung von Belag und Sattel. Kostengünstig ist die Aufbringung einer dickeren Schicht Isolationslack. Diese Lösung ist nicht mehr zeitgemäß, da der Lack nur eine begrenzte Haltbarkeit aufweist, hitzeempfindlich ist und nicht zuverlässig entkoppelt. Dies ist dann der Fall, wenn sich die Finger des Faustsattels durch den Lack bis auf das blanke Blech des Trägermetalls durchgedrückt haben.

Dämpfungsbleche, auch Shims genannt, sind wesentlich haltbarer und effektiver. Shims bieten noch weitere Vorteile: Durch Schlitze oder Aufbringung von hitzebeständigem NBR-Kautschuk kann der Druckpunkt auf die Bremsscheibe optimiert werden bzw. die Isolationswirkung verbessert werden. Da die zusätzlichen Komponenten aus Edelstahl jedoch zu den teuersten Maßnahmen gehören, werden sie im Aftermarket gerne weggelassen. Wenn ab Werk ein Shim verbaut war, sollte auch beim Bremsenservice wieder ein Belag gewählt werden, der mit Shim aufgeliefert wird.

Das kann falsch gemacht werden: Die blanke Blechfläche des Träger, aber auch des Dämpfungsbleches übt leider bis heute in vielen Kfz-Betrieben eine unwiderstehliche Anziehungskraft auf Fette aller Art aus. Der Einsatz von Fetten zerstört sofort die Entkopplungsfähigkeit der Dämpfungsbleche – sie dürfen daher nie mit Kupfer-, Keramic- oder sonstiger Bremspaste benetzt werden. Zudem ist der Einsatz von Schmierfett nah an den Reibungsflächen per se untersagt, da höchst gefährlich. Die immer noch zum Einsatz kommende Kupferpaste führt in Alusätteln zudem zu Kontaktkorrosion.

Zusatzmassen

So manch ein Mechantroniker wird sich bei der Arbeit an der Bremse schon gefragt haben, welche Funktion die metallenen Gewichte übernehmen, die zuweilen zum Einsatz kommen. Auch sie dienen der Geräusch- und Vibrationsreduktion, indem sie das Aufschwingverhalten der Beläge oder der Zange verändern, um so gezielt Geräusche zu unterdrücken. Besonders häufig finden sie sich an Alusätteln. Leider wird der erzielte Gewichtsvorteil (ungefederte Massen) hierdurch teilweise wieder aufgehoben – ein Balanceakt für den Fahrzeughersteller.

In der Grafik wird deutlich, wie groß der Einfluss von Gewichten auf das Geräuschverhalten sein kann. Dabei wird deutlich, dass auch eine schwerere Zusatzmasse nicht immer besser funktioniert, aber in wichtigen Fahrbereichen das Geräuschlevel gegebenenfalls stärker unterstützt.

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Auf den ersten Blick wirkt ein Bremsbelag wie ein relativ „einfaches“ Teil – doch der Teufel steckt im Detail. 

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