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Handfeste Lagerschäden auf den Hauptlagern fünf und sechs – der Motor ist reif für eine Überholung beim Spezialisten.
Foto: amz / Simon Bäumer
Handfeste Lagerschäden auf den Hauptlagern fünf und sechs – der Motor ist reif für eine Überholung beim Spezialisten.

Motor und Antrieb

BMW N57 – die Hauptlagerschäden sind zurück

Reihensechszylinder gelten als Dauerläufer – ausgerechnet beim Diesel-Topmodell von BMW zeichnen sich vermehrt Hauptlagerschäden ab – ohne ersichtlichen Grund. Die Instandsetzung ist nur etwas für Profis.

Der N57 ist eigentlich ein Dieselmotor in Bestform – sechs Zylinder, drei Liter Hubraum, hohe Leistungen von  204 bis 381 PS je nach Ausbaustufe und gigantischen Drehmomenten von 430 Nm bis zu 740 Nm. Die Motoren, die seit 2008 bis heute gebaut werden, leiden jedoch vermehrt unter Hauptlagerschäden. „Wir sehen gehäufte Schadensfälle im Bereich von 180.000 bis 250.000 Kilometer“, erklärt Marcus Blienert, Betriebsleiter der Motoren Eckernkamp GmbH, Mitgliedsunternehmen in der Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe (GMI). „Das ist eigentlich keine Laufleistung für einen solchen hubraumstarken Motor“, so der Instandsetzungsexperte. Dass alleine am Tag unseres Besuches sechs Blöcke in der Werkstatt stehen, bestätigt diese These.

Der Motor ist eine moderne Konstruktion: Das Kurbelgehäuse ist komplett aus Aluminium gefertigt, lediglich die Hauptlagerschalen bestehen aus gesintertem Material, in denen sich die geschmiedete und siebenfach gelagerte Kurbelwelle dreht. Die Kolben laufen in trockenen Laufbuchsen, was teure Spezialbeschichten wie NiKaSil überflüssig und den Motor gleichzeitig sehr standfest macht.

Das Problem

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Foto: amz / Simon Bäumer
Der Aluminiumblock mit gesinterten Lagerböcken ist eine Herausforderung in der Bearbeitung.

Betrachtet man den frisch eingetroffenen Patienten genau, wird schnell der handfeste Lagerschaden auf dem fünften und sechsten Hauptlager sichtbar. Die Reibung hat hier ganze Arbeit geleistet: Während sich das fünfte Hauptlager „nur“ mitgedreht hat, hat das Nachbarlager einen Hauptzapfen weiter sich fest mit der Kurbelwelle verschweißt und den Sitz des Hauptlagers ruiniert. Das abschließende siebte Hauptlager sieht übel aus und zeigt deutliche Verschleißspuren, ist aber noch „betriebsfähig“ und hat noch keine Ausbrüche in der Oberfläche.

Die Ursache

Die Wurzel des Übels liegt in der konstruktiven Eigenart der Flügelzellenölpumpe, die BMW für dieses Modell verwendet. Die Schraube, die das Kettenritzel mit der Eingangswelle der Pumpe verbindet, reißt ab, infolgedessen quittiert die Pumpe antriebslos den Dienst – der Motorschaden ist dann nur noch wenige Kurbelwellenumdrehungen entfernt. Seitens BMW wurde das Modell der Ölpumpe konstruktiv verändert, dennoch stranden immer noch regelmäßig Motoren mit diesem Schaden. Wohl auch, weil außer Enthusiasten und absoluten Vielfahrern niemand auf die Idee kommen würde, eine Ölpumpe präventiv austauschen zu lassen.

Ausgespindelt

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Foto: amz / Simon Bäumer
Der Aluminiumblock mit gesinterten Lagerböcken ist eine Herausforderung in der Bearbeitung.

Um den Block zu retten, geht es bei Motoren Eckernkamp nach einer Frischzellenkur im Teilewaschapparat auf das Bohrwerk der Marke Robby. Nachdem die Lagergasse exakt auf die Bohrspindel ausgerichtet ist, legt der erfahrene Motorenspezialist die Bohrstähle in die Spindel ein und wählt die Zustellung für den ersten Durchlauf.

„Durch die Kombination von Sinterhauptlagerbrücken und dem Aluminiumkurbelgehäuse können wir nur mit sehr wenig Zustellung arbeiten, etwa 0,15 mm pro Durchgang. Ansonsten würde sich der Drehstahl auf dem harten Stahl wegdrücken und im Aluminium tiefer schneiden – dann wird die Bohrung unsauber und unrund“, erklärt der Fachmann Tobias Becker an der Maschine. Marcus Blienert ergänzt: Meist werden die Blöcke auf ein Außenübermaß von 0,5 mm ausgespindelt, für passende Übermaßlager haben wir Bezugsquellen namhaften Anbieter mit hochwertiger Qualität.“

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Foto: amz / Simon Bäumer
Vor dem Ausspindeln muss der Block penibel ausgerichtet werden.

Beim Ausspindeln geht man daher in zwei Phasen vor: Für die grobe Bearbeitung, sprich das Aufweiten der Lagergasse auf ¾ des neuen Solldurchmessers, kommen gleich zwei Bohrstähle parallel zum Einsatz. So werden jeweils zwei Hauptlager gleichzeitig bearbeitet, was Zeit und dem Kunden Kosten spart. Da jedoch die Gefahr besteht, dass die beiden Bohrstähle trotz der peniblen Einrichtung leicht unterschiedlich tief schneiden, wird der letzte „Finish“ Durchgang mit einem einzelnen Bohrstahl erledigt, der alle sieben Hauptlager ein einem Durchgang passiert und so für einen gleichmäßigen Durchmesser in allen Hauptlagern sorgt.

Neu bestückt

Ist der Block auf Übermaß ausgespindelt, kann er mit neuen Lagerschalen versehen werden.
Ist der Block auf Übermaß ausgespindelt, kann er mit neuen Lagerschalen versehen werden.
Ist der Block auf Übermaß ausgespindelt, kann er mit neuen Lagerschalen versehen werden.
So instandgesetzt, ist der Motor wieder bereit für die abschließende Montage und den Einbau ins Kundenfahrzeug
So instandgesetzt, ist der Motor wieder bereit für die abschließende Montage und den Einbau ins Kundenfahrzeug
So instandgesetzt, ist der Motor wieder bereit für die abschließende Montage und den Einbau ins Kundenfahrzeug

Nach einem weiteren Reinigungsdurchlauf, um alle Späne und Rest der mechanischen Bearbeitung aus dem Block und seinen Kanälen zu entfernen, ist dessen mechanische Bearbeitung abgeschlossen – nach dem Einsetzen der Übermaßlagerschalen sind die Arbeiten am Block beendet. Blienert führt fort: „Die Kurbelwellen werden immer in Mitleidenschaft gezogen, da die Lagerschalen an der Kurbelwelle schnell festbacken. Wir können viele der Kurbelwellen nach einer Rissprüfung  auf unserer Kurbelwellenschleifmaschine noch retten. Dafür werden die Wellen auf das nächste Untermaß geschliffen. Entsprechend verbauen wir die passenden Hauptlager mit Außen- und Innenübermaß.“

Wirtschaftliche Alternative zum Neuteil

Trotz des hohen Aufwandes, der nötig ist, um das das Kurbelgehäuse nach einem solchen Schaden zu retten, ist die Aufarbeitung durch GMI-Fachbetriebe wie Motoren Eckernkamp deutlich günstiger als das Neuteil. Blieniert: „Die Instandsetzung für den Motorblock inklusive der Übermaßlager liegt bei ungefähr einem Viertel des Preises für einen neuen Block – so bieten wir den Fahrzeughaltern und Werkstätten eine preiswerte Alternative zum teuren Neuteil.“

Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe e.V.

In der gemeinsamen Beitragsserie von amz und GMI kommen die Motorexperten der Gütegemeinschaft der Motoreninstandsetzungsbetriebe e.V. (GMI) zu Wort. Die GMI-Fachleute berichten von typischen Schadensfällen, zeigen an konkreten Motoren Reparaturlösungen auf und geben Tipps für die nachhaltige Instandsetzung. Die GMI-Mitgliedsunternehmen stehen für eine qualitätsorientierte Motorenaufbereitung. Sie erfüllen freiwillig einen Katalog von strikten Qualitätskriterien und verpflichten sich dazu, sie regelmäßig zu überwachen und zu dokumentieren. Für ihre Produkte und Dienstleistungen dürfen sie das RAL Gütezeichen Motoreninstandsetzung (Standard RAL GZ-797) nutzen. Im konkreten Fall waren wir bei der Firma Motoreninstandsetzung Eckernkamp in Leopoldshöhe, Nordrhein-Westfalen, zu Besuch. Sie erreichen das Unternehmen unter 05202/98336 oder per Mail: info@motoren-eckernkamp.de.

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