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Mit der variablen Verdichtung ist Nissans Motoreningenieuren ein Kunststck gelungen.

Motor und Antrieb

Variabel verdichtet und serienreif

Mit der variablen Verdichtung ist Nissans Motoreningenieuren ein Kunststück gelungen, an dem sich schon manch anderer Hersteller zuvor die Zähne ausgebissen hat. 2018 geht das Triebwerk bei der Tochter Infiniti in Serie.

Über einhundert Jahre hat der Verbrennungsmotor auf dem Buckel und eigentlich sollte man meinen, die Technik müsste inzwischen zu Ende entwickelt sein. Doch weit gefehlt: Immer weiter forschen und tüfteln die Motoreningenieure, und hin und wieder finden sie tatsächlich noch eine Stellschraube, um in Sachen Effizienz und/oder Leistung noch mehr aus den Triebwerken rauszuholen. Nahezu ein Quantensprung ist nun den Nissan-Technikern gelungen, die auf dem diesjährigen Wiener Motorensymposium den ersten Serienmotor mit variabler Verdichtung zeigten.

Nissan ist dabei keineswegs der erste Hersteller, der sich mit der variablen Verdichtung beschäftigt. Saab hat um die Jahrtausendwende bereits einen Fünfzylinder-Prototypen vorgestellt, Mercedes hatte damit bei seinem „Diesotto“-Motor experimentiert, und das französische Unternehmen MCE-5 hatte 2009 in einem Peugeot 407 seinen Versuchsträger präsentiert. Doch zur Serienreife hat die Technik bislang keiner gebracht. Umso mehr darf der neue VC-T-Benzinmotor (das steht für „variable compression turbocharged“) der Japaner als Durchbruch gelten.

Um die Tragweite dieser Erfindung zu verstehen, muss man sich allerdings ein wenig in die Niederungen technischer Feinheiten begeben: Grundsätzlich gibt das Verdichtungsverhältnis bei einem Verbrennungsmotor an, um wieviel das Luft-Gas-Gemisch in einem Zylinder zusammengepresst wird. Bei einer Verdichtung von 10:1 also auf ein Zehntel des zur Verfügung stehenden Brennraums. Ganz grob gesagt gilt: Je höher die Verdichtung, desto effizienter läuft ein Motor. Problematisch wird es allerdings unter Volllast, dann neigen hochverdichtende Ottomotoren gern zum Klopfen.

Das fällt bei einem großvolumigen Acht- oder Zwölfzylinder, der sowieso die meiste Zeit nur auf Sparflamme läuft, natürlich weniger ins Gewicht, als bei modernen, hochgezüchteten Downsizing-Motoren, die mit wenig Hubraum und starker Aufladung häufig am Limit betrieben werden. Um der Klopfneigung entgegen zu wirken, werden sie meistens mit geringerer Verdichtung betrieben, was wiederum im Teillast-Bereich, also wenn nicht die volle Kraft abgefragt wird, den Verbrauch erhöht. Genau dieses Dilemma will Nissan nun mit der variablen Verdichtung gelöst haben: Je nach Bedarf, kann das Verdichtungsverhältnis des turbogeladenen VC-T-Vierzylinders stufenlos verändert werden.

Läuft der neue Motor unter Volllast, stellt die Elektronik die Verdichtung auf das Mindestmaß von 8:1 ein; im Schiebebetrieb, also beim konstanten Dahinrollen, wird die Kompression dagegen auf bis zu 14:1 hochgeschraubt. Das steigert die Effizienz, senkt die Geräuschkulisse und lässt das Aggregat deutlich vibrationsärmer Laufen. Um das zu ermöglichen, war allerdings jede Menge klassische Motorenbau-Expertise vonnöten, denn anders als viele andere Probleme ließ sich diese Knobelei nicht nur mit Software lösen. Hier musste kräftig an der Hardware gefeilt werden.

Vereinfacht gesagt, wird jeder Kolben im Zylinder von einer Pleuelstange auf- und abbewegt, die wiederum fest mit der Kurbelwelle verbunden ist. Daraus ergibt sich immer der gleiche Hubweg, und damit die gleiche Verdichtung. Nissans hat nun zwischen Pleuelstange und Kurbelwelle eine Art Umlenker eingebaut, dessen Winkel verändert werden kann. So wird die Hubhöhe verändert und damit auch die Verdichtung beeinflusst. Was auf den ersten Blick so simpel klingt, benötigte nicht weniger als 300 neue Patente.

Seinen ersten Einsatz wird der VC-T-Motor bei Nissans Nobeltochter Infiniti haben, dort soll er ab 2018 das neue SUV QX50 befeuern – und den bisherigen Sechszylinder in Rente schicken. Der neue Turbo-Vierzylinder holt aus seinen zwei Litern Hubraum 200 kW/272 PS und 390 Newtonmeter Drehmoment, und damit fast genau so viel Leistung wie der 3,5-Liter-Sauger – allerdings braucht er dafür nach Nissan-Angaben rund 27 Prozent weniger Sprit. Ganz auf den V6 verzichten wollen die Japaner dann aber doch nicht: Die Ingenieure arbeiten bereits an einer neuen Sechszylinder-Generation, die ebenfalls mit variabler Verdichtung arbeitet. Und wer weiß: Vielleicht kann sich Mercedes dank der Kooperation mit Renault-Nissan ja bald die Entwicklung eines eigenen variablen Verdichtungssystems sparen. (SP-X)

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