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Prof. Dr. Thomas Koch warnt vor einer Hexenjagd auf den Diesel.

Motor und Antrieb

„Das Problem ist technisch gelöst“

Ist die Kritik am Diesel berechtigt, oder gehen Politik und Medien einer Kampagne auf den Leim? Prof. Dr. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat dazu eine klare Meinung.

Professor Koch, der Diesel fällt abermals mit schlechten Messergebnissen auf.
Koch: Das ist eine Wiederholung von bekannten Information. Es wurden keine neuen Erkenntnisse, die nicht alle schon letztes Jahr bekannt waren, publiziert. Vielmehr geht die Kampagne weiter gegen den Diesel, immerhin mit nun endlich auch seitens der DUH (Deutsche Umwelt Hilfe) erkennbaren positiven Untertönen. Alle meine bisherigen Aussagen, die vor einem halben Jahr noch massiv abgestritten wurden, sind bestätigt worden! Unstrittig ist, dass die Fahrzeugindustrie bei den ersten Euro-6-Fahrzeugen eine extreme Fokussierung auf Verbrauch, also CO2, vor Augen hatte. Dies führt zu erhöhten NOx-Emissionen. Dies habe ich auch in meinem Gutachten für den Untersuchungsausschuss kritisiert. Hier hätte man vor allem bei den Fahrzeugen mit einem SCR-System von Anfang an mehr erzielen können. So ist eine Chance ausgelassen worden.

Sind also Euro-6-Fahrzeuge illegal unterwegs?
Koch: Natürlich nicht. Es wurde bei den Euro-6-Fahrzeugen die Grauzone der Gesetzgebung, insbesondere die unklaren Temperaturfenster, genutzt. Hier ist Kritik angebracht, wenn nur bei 20 Grad Celsius ein Fahrzeug korrekt funktioniert. Jedoch wurde im letzten Jahr durch zahlreiche Neukalibrationen die grenzwertige Entwicklungsausrichtung korrigiert. Die Fahrzeuge sind im Übrigen legal, jedoch schwer dem Kunden vermittelbar und daher nicht mehr richtig legitim appliziert gewesen. Insgesamt begrüße ich sehr die neue RDE-Gesetzgebung, also die zweite Euro-6-Phase, die im September 2017 einsetzt. Das Thema ist damit technisch gelöst. Seit zehn Jahren wird daran geforscht und gearbeitet. Fahrzeuge dieser Norm sind bereits seit über einem Jahr im Feld erfolgreich unterwegs. lt;br / gt; Im Übrigen sind die französischen und italienischen Hersteller mit den Vorgaben in der Vergangenheit deutlich freizügiger umgegangen.

Kann der Diesel den ab September gültigen Standard überhaupt erfüllen?
Koch: Ohne Zweifel. Das Abgasproblem ist technisch gelöst. Schauen Sie sich die Ergebnisse der zwei bestplatzierten Modelle an: Audi A5 2,0 TDI und Mercedes-Benz E 200 d liegen auch unter widrigen Bedingungen weit unter den kommenden Grenzwerten.

Lassen sich die im Markt befindlichen Autos auf diesen zukünftigen Stand bringen?
Koch: Sofern die Autos mit einer SCR-Abgasnachbehandlung ausgerüstet sind, lässt sich per Software viel machen. Sie sehen das auch an den Messergebnissen des Mercedes-Benz GLC im Vergleich zur C-Klasse, die deutlich schlechter abgeschnitten hat, obwohl beide mit dem gleichen Motor ausgerüstet sind. Offenbar hat die Umwelthilfe eine C-Klasse getestet, deren Software nicht auf dem aktuellen Stand ist. Sicherlich ist der nachdrückliche Hinweis auf solche Applikationsstände hilfreich und dient dem Umweltschutz, gleichwohl ist die Schlussfolgerung nach einem Dieselverbot inakzeptabel.

Was raten Sie der Politik?
Koch: Ich rate dazu, Altbekanntes nicht permanent zu wiederholen und aufzubauschen. Anstatt falsche und irreführende Aussagen zu betonen, sollte die Politik auch einmal das Geleistete in den Vordergrund stellen. So hat sich auch die Kanzlerin zurecht eindeutig zum Diesel positioniert. Pathologen betonen mir gegenüber, wie sauber die Luft und die Lungen der Menschen geworden sind. Kritische Töne sind beim Thema NOx in Teilen angebracht. Das Thema motorische Emissionen ist jedoch in wenigen Jahren völlig vom Tisch; bis dahin darf der Diesel nicht permanent totgeredet werden. Das ist eine rein ideologische Debatte und Hexenjagd mit schädlichen Auswirkungen auf unsere Volkswirtschaft.

(ampnet/jm)

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